So eine Nacht in der Nähe des Wassers kann doch recht feucht sein. Mir ist nachts ziemlich kalt und so ein feuchtes Zelt macht auch wenig Freude. Also ziehe ich entgegen meiner Daunensacktheorie irgendwann nachts noch eine Schicht extra über.
Das Flutwasser höre ich ziemlich laut in der Dunkelheit rauschen. Früh ist wieder Ebbe und das Wasser zum Horizont hin verschwunden. Sehr beeindruckend. Später stehen jede Menge Möwen auf dem roten Schlick. Auf was sie wohl warten?
Das nächste Highlight ist ein Leuchtturm. Wieder die gleiche Bauart und liebevoll restauriert. Über zwei kurze Leitern kann man schnell in die Spitze aufsteigen.
Grande Pre, die historische Welterbestätte, schaue ich mir nur kurz an. Soviel habe ich gestern verstanden, dass die Oberhoheit über das Gebiet auch die Kontrolle über die Atlantikküste von Kanada sicherte und deshalb strategisch so wichtig war. Die Franzosen haben damals verloren und wurden deportiert.
Die Gegend an der Bay of Fundy ist sehr fruchtbar. Wein, Obst und Kürbisse wachsen hier am besten. Sieht aus wie im Alten Land bei Hamburg. Die drei gekauften Musterfrüchte werde ich erst später probieren. Die dazu gegebenen Pflaumen sind noch sehr unreif und verleiden mir weitere Kostproben. Vom Verkäufer erfahre ich jedenfalls, wie ich zu den Giant Pumpkins komme. Das ist ein Farmland der Familie Dill mit unglaublich großen Kürbissen. Diese Größe erreicht man wohl durch den besonderen Samen. Sie werden dann gehegt und gepflegt. Sogar mit Decken wie ein gestrandeter Wal bedeckt (gegen Frost und Rehbisse). Zwei Mütter waren gerade dabei, als Kürbisse angezogene Babys auf eben diesen zu fotografieren. Hat bei den Kleinen wenig Freude ausgelöst.
Eine Frau zeigt mit die Liste der weltweit schwersten Kürbisse, die sie führt. Sogar Jemand aus Deutschland ist dabei.
Ein bisschen was von der Bay of Fundy möchte ich schon noch sehen. Also fahre ich nach Norden in einen kleinen Hafen. Werde auch langsam hungrig und damit knurrig. Also rein in den Souvenirshop und dort einen kleinen Lobster bestellt. Mit Kartoffelsalat. Und zack steht ein Tablett auf dem Tisch, ein Hummer wird von der Kassiererin dort hineingesetzt und starrt mich vorwurfsvoll an. Ups, so hatte ich das gar nicht gemeint oder doch? Also ich raus aus dem Shop mit dem Tablett in Richtung Kochstätte. Ist ja schon was anderes, wenn man den, den man später essen will, vorher noch persönlich kennenlernt!
Der Koch hat da überhaupt keine Gewissensbisse und schmeißt ihn sofort in seine große Kochmaschine. Als der Hummer wieder bei mir ist, lasse mir von der Kellnerin noch den richtigen Verzehr erklären. Das Angebot vom Nachbartisch für ein Foto mit Hummer lehne ich glatt ab. Ich wars nicht, der Koch hat getan! Trotzdem schmeckt der Lobster gut. Vor allem in dieser passenden Umgebung.
Auf dem Weg nach Süden in Richtung Lunenburg komme ich an einem Ort mit Namen New Germany vorbei. Erst denke ich, er ist schon verlassen worden, aber hinter den ersten leerstehenden Gebäuden folgt eine ganze Stadt. Sogar den Friedhof schaue ich mir an, kann aber keine deutschen Namen auf den alten Grabsteine entdecken.
Und wieder zieht sich die Fahrt durch die Wälder endlos hin. Wenigstens bin ich mit der Tankfüllung diesmal schlauer und tanke beizeiten. Oder besser lasse tanken mit Full Service. Ein junger Mann bedient mich. Kostet wohl etwas mehr, aber so mache ich oder besser er alles richtig, bekomme meine Scheibe geputzt und benutze fleißig meine Kreditkarte.
Als ich auf dem Campingplatz „Top on the Hill“ ankomme, ist die Rezeption schon geschlossen. Ein anderer Camper mit riesigem Wohnbus meint, ich soll einfach bleiben. Mit Code für den Waschraum und WiFi ausgerüstet schlage ich bei untergehenden Sonne mein Zelt zwischen zwei Schweizer Wohnmobilen auf.
Diesmal schreibe ich den Post im Auto. Die Steckdose im Waschraum funktioniert nicht. Ach, wie bin ich doch von Licht, Strom und WiFi anhängig! Aber zum Glück ist das zumeist verfügbar.